01. Mai 2023 – Flug von Santiago de Compostela nach Basel

Wetter: Morgens sonnig und frisch, dann allmähliche Eintrübung. In Basel war es bei meiner Ankunft bewölkt

In der vergangenen Nacht bin ich ein paar Mal aufgewacht, konnte aber immer wieder rasch einschlafen. Abschied nehmen ist auch im Schlaf schwer. Im Frühstücksraum der Herberge war es ruhiger als sonst. Vielleicht schlafen auch Pilger*innen am 1. Mai gern länger.

Von den Menschen, die dort frühstückten, war eine Frau sicher über 70 und ein Mann mindestens 75 Jahre alt. Beide sassen allein und sahen nicht sehr glücklich aus. Das hat mich betroffen gemacht. Werde ich, wenn ich so alt bin, noch einmal hier sitzen und mit mehr Freude frühstücken?

Das ‘älter werden und trotzdem Jakobsweg-Pilger bleiben’ beschäftigte mich während des Frühstücks noch eine ganze Weile. Dabei musste ich auch an die Menschen im Altersheim denken, die direkt gegenüber unserer Basler Wohnung leben, für die solche Aktivitäten Illusionen sind. Dort sein oder hier sein? Entscheiden das meine Gene, oder das, was ich denke: ‚Meine Gedanken bestimmen mein Sein‘?

Zurück in meinem Zimmer habe ich meinen Rucksack, meine iPad-Tasche  und meinen Kulturbeutel ausgeschüttet und dann nur das wieder eingepackt, was ich wirklich behalten möchte. Die grössten Teile, von denen ich mich dabei getrennt habe, waren meine China-Schläppli, mit denen ich u.a. in den Herbergen duschen war. Die fallen inzwischen auseinander.

Schlüssel zu meinem Zimmer in der Herberge neben der Kathedrale. Den abzugeben ist mir schwer gefallen

Draussen schien die Sonne und es war noch viel Zeit bis zur Abfahrt des Flughafenbusses. Und so beschloss ich, mich in der Kathedrale vom Heiligen Jakobus zu verabschieden und noch ein paar Fotos von den schönen Steinmetzarbeiten in der Kathedrale zu machen.

Der Eingang zur Kathedrale war zu und die Tür wurde bewacht. ‚Es wäre gerade Messe’, wurde mir mitgeteilt. ‚Der Eintritt wäre erst in einer Stunde wieder möglich’. Und so beschloss ich, in meinem Lieblings-Café in Santiago einen Milchkaffee zu trinken. Der letzte war ja schon wieder eine ganze Weile her.

Mein Lieblings-Café war auch zu. Der 1. Mai ist auch in Spanien ein Feiertag. Davor stand ein ausgesprochen netter, britischer Pilger, mit dem ich gleich ins Gespräch kam. Er ist schon viele der französischen und spanischen Jakobswege gelaufen und strahlte, als er davon erzählte. Er hatte sehr trübe Augenlinsen und so habe ich ihn nach seinem Alter gefragt. ‚76 sei er, und immer noch fit für das Pilgern auf Caminos. Und, ja, aus seiner Sicht entscheidet massgeblich der Kopf, was im Alter noch möglich ist’. Er erzählte dann noch von einem Filmprojekt über Wandern im hohen Alter, an dem er beteiligt ist.

Konnte mir was Besseres passieren, als jetzt diesen Mann zu treffen? Was denkt ihr: War das Zufall?

Ich habe dann noch eine Weile in der Kathedrale gesessen und Abschied genommen. Am Grab vom Heiligen Jakobus habe ich noch einmal Danke gesagt für die nun zu Ende gehenden, fantastischen 2 Monate auf spanischen Jakobswegen.

Abschied vom Heiligen Jakobus

Dann mit dem Bus zum Flughafen, Gepäckaufgabe, Passkontrolle und Sicherheitscheck. Ein letzter Milchkaffee vor dem Boarding, und dann ging nichts mehr. Eine kurze Durchsage informierte über Streiks in Frankreich und das es noch keine Genehmigung gäbe, das Land zu überfliegen. Und dann standen wir tatsächlich 3 Stunden auf dem Rollfeld, niemand murrte oder stellte Forderungen. Dann plötzlich doch der Start und ein ruhiger Flug nach Basel.

Direktflug von Santiago de Compostela zum Euroairport Basel/Mulhouse

Uli [meine Frau] hatte ein leckeres Abendessen zubereitet. Wir haben lange in unserer Küche gesessen, gegessen und geplaudert. 

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