Auf der Via de la Plata von Cádiz nach Santiago de Compostela

Wieder einmal auf Jakobswegen unterwegs sein – davon träume ich schon eine ganze Weile. Im Frühling 2020 wollte ich schon einmal auf der Via de la Plata aus dem Süden Spaniens nach Santiago de Compostela laufen. Der Flug und die erste Übernachtung waren gebucht, mein Rucksack gepackt, mein Pilgerpass lag bereit.

Und dann tauchte plötzlich das Corona-Virus auf. In Norditalien wurden Städte isoliert und Menschen starben; der Karneval in Venedig wurde frühzeitig beendet. In der Schweiz wurden Grossveranstaltungen wie die Automesse in Genf, die Uhren- und Schmuckmesse Basel-World abgesagt. Und sogar die Basler Fasnacht, alle Schweizer Profi-Fussballspiele, und alle Aufführungen am Theater Basel fielen aus.

Trotzdem pilgern gehen? Nein, das war beim damaligen (Nicht)Wissen über Covid-19 nicht möglich. Es folgten traurige Tage.

Die Altstadt von Basel
Ich lebe in Basel im Nordwesten  der Schweiz. Mein Bild zeigt Altstadthäuser am Basler Münsterberg. Der Fluss im Vordergrund ist der Rhein 

Covid-19 hat mich bisher verschont. Aber inzwischen gibt es einen grausamen, sinnlosen Krieg in Europa und Kriege auch in anderen Teilen der Welt. Hunger, Krankheiten, Klimawandel, Millionen von Flüchtlingen, abnehmende Artenvielfalt, vergiftete Böden und steigende Meeresspiegel bedrohen uns. Ist das eine gute Zeit, um pilgern zu gehen?

Ich kann diese Frage nicht mit meinem Verstand beantworten. Der sagt nein. Ich habe deshalb beschlossen, meinem Herzen zu folgen und reise am 1. März 2023 nach Cádiz. Ich möchte von dieser andalusischen Stadt am Atlantik auf der Via Augusta, der Via de la Plata und dem Camino Sanabres nach Santiago de Compostela laufen, und dann weiter auf dem Camino Finisterre zum Kap Finisterre, dem mittelalterlichen ‘Ende der Welt’, wieder am Atlantik.

Ich bin schon ein paar Mal auf Jakobswegen gepilgert 

2018 bin ich auf dem Küstenweg von Irun nach Santiago de Compostela gelaufen (Link zum Online-Wandertagebuch); 2015 von Basel, meinem Wohnort im Norden der Schweiz, auf der klassischen Route durch Frankreich und Spanien eben dorthin (Link zum Online-Wandertagebuch). Noch davor bin ich auf dem Camino Francés in 2 Teilen zum Grab des Jakobus gepilgert.

Meine Erfahrungen auf Jakobswegen waren ausgesprochen positiv. Ich habe unterwegs viele wunderbare Menschen kennengelernt und war selten allein. Meine Pilgerbrüder und -schwestern haben mich mit ihren Lebensgeschichten sehr reich beschenkt. Ich habe verschiedene Landschaftszonen und Kulturen durchwandert, und in Kirchen und Klöster am Weg viel über die Geschichte der Jakobswege gelernt. 

Die Erkenntnis, dass es nicht mehr brauchte um glücklich zu sein, als das, was ich in meinem kleinen Rucksack tragen konnte, war ein weiteres, grosses Geschenk. Der kameradschaftliche Umgang der sehr verschiedenen Menschen auf dem Jakobsweg war eine meiner besten Erfahrungen.

Ich freue mich auf den Weg, der nun vor mir liegt

Die Via de la Plata soll einer der eindrucksvollsten Pilgerwege Europas sein. Er führt durch unterschiedliche Klimazonen, vom andalusischen, trockenen Süden, über die mit Stein- und Korkeichen gesäumten Wege der Extremadura, in das auch im Sommer regnerisch-feuchte Galicien im äußersten Nordwesten Spaniens. Auf zum Teil alten Römerstraßen geht es von Cádiz an der andalusischen Atlantikküste mehrheitlich nach Norden. Der Camino Sanabres führt an der Grenze von Kastilien zu Galicien über die ‚Portilla de Padornelo‘ auf 1’352 m Meereshöhe, dem höchsten Punkt des Wegs. 

Die Via de la Plata ist eine interessante Konfrontation mit europäischer Geschichte. Sie beginnt bei den Phöniziern und führt über Römer, Westgoten und Sueben hin zu den Mauren. Die anschließende Reconquista der Christen prägte die Städte und Dörfer nachhaltig. 

Historische Städte an der Strecke – Cádiz, Sevilla, Zafra, Mérida, Caceres, Salamanca, Zamora, Ourense und Santiago des Compostela – verdanken viele ihrer architektonischen Sehenswürdigkeiten den verschiedenen Epochen, Herrschern und Eroberern. Neben großartigen Palästen, Brücken und Aquädukten sind es die monumentalen Kathedralen, die ich anschauen möchte. 

Im Vergleich zum Ur-Pilgerweg nach Santiago de Compostela, dem Camino Francés, ist die Via de la Plata viel weniger frequentiert. Nur 1/20 der Pilger des Camino Francés wählen diesen Weg; das entspricht zurzeit etwa 10‘000 Pilgern pro Jahr. Die Infrastruktur für Pilger ist weniger gut entwickelt und deshalb erfordert dieser Weg mehr Eigeninitiative, Flexibilität und Verzicht auf Komfort als andere Jakobswege. Wer die Via de la Plata läuft, entscheidet sich für das Abenteuer, die Einsamkeit und die Auseinandersetzung mit sich selbst. Und genau das macht die Magie des Pilgerns aus! 

Ich werde versuchen, in diesem Blog regelmässig von unterwegs zu berichten. Wer Lust hat, kann mich gern auf meiner Wanderung virtuell begleiten. Darauf freue ich mich!

Noch ein Wort zu meinen Fotos: Um so wenig wie möglich rumzuschleppen, habe ich entschieden, keine ‘bessere Kamera’ mitzunehmen. Mein digitales Leben spielt sich auf einem iPad ab und damit mache ich auch die Fotos für mein Pilgertagebuch. Sie sollen euch eine Idee geben, wie es auf dem Camino aussah und wer mir begegnet ist.

Viel Spass beim Lesen und Schauen wünscht euch Arnd.


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