06. März 2023 – Tag 3

Von Jerez de la Frontera nach El Cuervo

Wetter: Von allem etwas. Es regnete mehr als gestern, zwischendrin schien die Sonne und kreierte Sauna-Atmosphäre

Anders vorgestellt habe ich mir das Wandern auf der alten, römischen Handelsstrasse Via Augusta. Ich hatte erwartet, dass die Jakobswegroute wenigstens in Teilen auf der alten Strasse verläuft und dass man das sehen und auch darüber lesen kann. Während der ersten zwei Etappen hatte ich den Eindruck, dass der Weg, auf dem ich gelaufen bin, und die alte Römerstrasse nichts miteinander zu tun haben.

In meinem Zimmer konnte ich schon beim Aufstehen hören, dass die Strasse vor der Pension nass war. Auf meinem Weg zu einem Frühstücks-Café hat es leicht geregnet. Mein Frühstück war lecker, meine Suche nach den gelben Pfeilen für meine heutige Tagesetappe war schon bald erfolgreich. Auf dem Weg aus der Stadt entlang einer vielbefahrenen Strasse nahm der Regen zu und ich musste mich gut unter meinem Schirm verstecken, damit nichts nass wurde. In einem Café am Stadtrand habe ich eine Pause gemacht und eine heisse Milch getrunken. Das hat mir gutgetan! Ein Blick in den Wetterbericht liess vermuten, dass das heute Dauerregen werden könnte. Die nächsten Tage sieht es nicht viel besser aus. Oh je, das brauche ich gerade nicht!

Ein grauer Morgen auf der Via Augusta bei Jerez de la Frontera

Als ich das Café verliess, war aus dem Regnen ein Tröpfeln geworden, das bald ganz aufhörte. Für eine lange Zeit verlief die ‚Via Augusta‘ (war sie das wirklich?) direkt neben zwei Zuggleisen. Da die Menschen hier anscheinend ihren Abfall aus dem Zugfenster werfen, war das der zugemüllteste Jakobsweg, den ich je gesehen habe. Aus meiner Sicht ist es völlig unverständlich, dass Menschen so etwas tun. Ich nehme an, dass sie nicht wissen, dass sie ihre Abfälle auf einen Jakobsweg werfen. Vielleicht wissen viele auch nicht, was das ist.

Kein schöner Anblick: Die vermüllte Via Augusta direkt neben Zuggleisen

Statt parallel zu Bahngleisen verlief der Jakobsweg dann etliche Stunden lang direkt neben einer vielbefahrenen Autobahn. Wer hat sich das nur ausgedacht? Auf der anderen Seite konnte ich industrielle Landwirtschaft bewundern, mit riesigen Felder mit Monokulturen, zum Teil bis zum Horizont. An einer Raststätte gab es ein Tor im Zaun (der trennt Pilgerweg von Autobahn) für die hungrigen und durstigen Pilger, durch das sie dem Tankstellenshop einen Besuch abstatten können. Da ich davon gelesen hatte, hatte ich das auch eingeplant. Die Shop-Angestellten waren ausgesprochen freundlich und hilfsbereit, aber es gab leider nur wieder Junkfood.

Das Laufen wurde mühsam auf dem klebrigen, feuchten Lehm

Kaum war die Raststätte hinter mir – der Jakobsweg verlief weiter neben der Autobahn – fing es wieder stärker an zu regnen. Das Wasser verwandelte den trockenen Lehm des Weges in kürzester Zeit in ein grosses Schlammbad. Der Schlamm klebte sofort zentimeterdick an meinen Schuhen fest und das Laufen wurde sehr mühsam. Der Rest des Weges zum heutigen Etappenziel – das Städtchen El Cuervo – schien immer länger zu werden. Am Stadtrand von El Cuervo habe ich in einer grossen Pfütze meine Schuhe vom dicken Lehmüberzug befreit. Das Hotel, in dem ich ein Zimmer reserviert habe, befand sich in einem Neubau und strahlte moderne Kühle aus. Nach dem Check-In habe ich erst einmal heiss geduscht.

Was nun? Will ich weiter auf zugemüllten Wegen neben Zuggleisen oder Autobahnen meine Zeit in Südspanien verbringen? Die Antwort ist ein klares ‚Nein‘. Während ich noch darüber nachdenken, geht draussen der nächste Regenschauer nieder. Will ich hier länger im Schlamm rumstapfen? Auch hier lautet die Antwort ‚Nein‘.

Ich beschliesse, die Wanderung auf der Via Augusta abzubrechen (es geht um 3 weitere Etappen) und schon morgen nach Sevilla zu reisen. Dort, sagt der Wetterbericht, wird es bis einschliesslich Donnerstag regnerisch sein, gefolgt von einer langen Schönwetterperiode. Ich werde also Mittwoch und Donnerstag in Sevilla Tourist sein und am Freitag meine Wanderung auf der Via de la Plata beginnen.

Gesagt, getan! El Cuervo hat keinen Bahnhof, aber es fährt mehrmals täglich ein Bus zum Bahnhof von Lubrija. Von dort geht dann ein direkter Zug nach Sevilla. Ich gehe noch zur Bushaltestelle, und vergewissere mich, dass die Infos aus dem Internet korrekt sind (sind sie). Ich suche mir dann ein Zimmer in einer Pension in Sevilla und reserviere es für 3 Nächte. Alles bestens!

Ich bummele dann durchs Städtchen, um ein Platz für einen Kaffee und später für ein Abendessen zu finden. Im Restaurant von Santa Annas Hostel ist viel los. Das gefällt mir; ich setze mich dazu. Ich frage den Kellner, ob es ein ‚Menu des Tages‘ gibt und ob ich es gleich haben kann. Der Kellner fragt in der Küche und die sagt ‚ja‘. Der Kellner versucht mir zu erklären, was es geben wird, was ich bei dem Lärm rundherum nicht verstehe. Ich erkläre, dass ich essen werde, was auf den Tisch kommt, und bestelle gleich noch ein Glas Weisswein. Wein und Essen waren sehr lecker, zum Abschluss gab es noch einen Kaffee mit Milch. Mit vollem Bauch laufe ich zufrieden zum Hotel zurück und gehe schlafen. Das war ein vollgepackter und ereignisreicher Tag!

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