16. März 2023 – Tag 10

Von Fuente de Cantos nach Zafra

Wetter: Morgens frisch, dann rasch sommerlich warm (etwa 27°), gelegentlich etwas Wind und Schleierwolken

Die Hotelleitung hatte uns versprochen, dass es um 7:30 Uhr Frühstück gibt. Die 6 Pilgerbrüder und -schwestern, die im Hotel übernachtet haben – mich eingeschlossen – standen pünktlich vor einem dunklen, verschlossenen Restaurant. Ratlosigkeit machte sich breit. Nur wenige Minuten später erschien zu unserer Erleichterung der Küchenchef und bereitete für uns blitzschnell Milchkaffee und getoastete Brötchen mit Butter und Marmelade zu. Eine halbe Stunde später waren wir gesättigt und zufrieden unterwegs.

Vom Weg aus dem Ort konnten wir in Gärten schauen, in denen Mandel- und Mirabellenbäume blühten. Daran schlossen sich bald Äcker an, die frisch gepflügt aussahen, oder auf denen schon in Monokultur etwas wuchs. Bald gab es auch Felder mit Weinreben.

Eine Weile bin ich mit Solange und Nadine gelaufen, zwei befreundete französische Pilgerschwester, die schon mehrere Jakobswege zusammen gelaufen sind. Sie erreichen gerade ihr Pensionsalter und haben ein bisschen aus ihrem Leben erzählt. Schnell hat unser Gespräch die wichtigen Fragen das Lebens tangiert. In diesem Zusammenhang hat mich Solange gefragt, ob ich wüsste, was mir in meiner aktuellen bzw. meiner nächste Lebensphase am wichtigsten ist. Zu meiner Überraschung konnte ich diese Frage nicht beantworten. Wäre es nicht gut, wenn ich das bis zum Ende dieser Wanderung kann? Ich will versuchen, das nicht zu vergessen!

Nach etwa 1 1/2 Stunden haben wir ein Dorf erreicht mit weissen Häusern und engen Gassen. Die waren menschenleer, die wenigen Geschäfte entweder geschlossen oder offen, aber ohne Menschen. Lange haben wir nach einem offenen Café gesucht, in dem dann mehr Pilger als Einheimische sassen. Wo sind nur die Menschen in diesen Dörfern hin. Wo sind die Kinder?

Für mich als Zentraleuropäer ist der Lebensstil auch in den Städten Südspaniens ein Rätsel. Von Mittag bis 18 Uhr sind alle Geschäfte geschlossen und die Strassen menschenleer. Siesta machen die, aber was heisst das genau? Schlafen die Menschen dann wirklich?

Abendessen in Restaurants gibt es hier frühestens ab 20:30 Uhr, manchmal sogar erst ab 21:00 Uhr. Gestern haben sich 4 Pilgern – mich wieder eingeschlossen – im Restaurant des Hotels zum Abendessen verabredet; ins Restaurant durften wir erst um 20:45 Uhr. Um diese Zeit bin ich schon ein paar Mal verhungert. Und dann mit vollem Magen schlafen gehen. Macht das Sinn?

Mike und Lukas folgen den gelben Pfeilen durch die Einsamkeit

Nach unserem Kaffee-Stop in dem menschenleeren Dorf sind wir etliche Stunden durch eine menschenleere Landschaft gelaufen, mit Äckern, Weiden, Reben, uralten Olivenbäumen bis zum Horizont.

Die Unendlichkeit in Spaniens Extremadura

Es gibt im Aussen nichts, an dass man sich wirklich lange festhalten konnte. Irgendwann zieht man sich automatisch ins Innere zurück. Unsere Sechsergruppe zerfiel in 2 Dreiergruppen. Solange, Nadine und Kim waren die Schnelleren und verschwanden rasch zwischen den Hügeln. Mike, Lukas und ich waren heute etwas langsamer unterwegs. Wir legten auch mehr Trinkpausen ein.

In diesem Eckhaus in Zafra befindet sich die Pilgerherberge ‚Van Gogh‘

Im Städtchen Zafra, unserem heutigen Etappenziel, bekamen wir Betten in der Pilgerherberge ‚Van Gogh‘. Bunt und ein bisschen chaotisch ist es hier, grenzwertig ist die eine Toilette für mindestens 20 Pilger bei Vollbelegung. Heute sind zum Glück ein paar weniger hier.

Das ist die Rezeption der Pilgerherberge ‚Van Gogh‘ in Zafra

Verschwitzte Wäsche waschen, etwas zu Essen suchen, Proviant für die morgige Etappe einkaufen, ein Spaziergang durch die Altstadt machen. Nein, langweilig ist das Pilgerleben nicht!

Hier haben Solange und Nadine geschlafen

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