Von Monesterio nach Fuente de Cantos
Wetter: Feines Sommerwetter, nachmittags zum Laufen fast schon zu warm. Über sehr lange Strecken hatte es keinen Schatten, kein bisschen!
Heute Morgen habe ich mich leise aus der Herberge geschlichen, denn die anderen Pilger schliefen noch. In einem Café nicht weit davon habe ich gefrühstückt und wieder einer morgendlichen Männergemeinschaft beim Kaffeetrinken zugeschaut. Alle schienen sich gut zu kennen und hatten einen netten Umgang miteinander. Ein alkoholisches Getränk schien hier nicht zum Ritual zu gehören, es wurde sogar Orangensaft ausgeschenkt. Ich fühlte mich auch dort mehr als nur geduldet.
Frauen sind nie Teil dieses Rituals. Ich frage mich, wo sie frühstücken. Ein Café, in dem sich morgens Frauen treffen, habe ich hier noch nicht gesehen.
Auf dem Bürgersteig der Durchgangsstrasse wurde ich von gelben Pfeilen aus dem Ort geführt. Hinter dem Sportplatz ging es für lange Zeit durch Eichen- und Olivenhaine, mit Mauern umgeben und manchmal mit Kühen oder Schafen unter den Bäumen.

Später wurde die Vegetation spärlicher und ich lief wieder einmal grüne Hügel hoch und runter, auf denen kleine Blumen blühten. Dort oben habe ich grosses Glück gefühlt: Ich bin auf meinem Camino angekommen! Meine anfänglichen Ängste habe ich hinter mir gelassen und ich freue mich über jeden Schritt, den ich vorwärtskomme. Ich kann akzeptieren, was ist und was kommt. Ich werde von meinen Pilgerbrüdern und -schwestern geachtet und nett behandelt. Mache möchten wissen, wer ich bin.
Am späten Vormittag kam ich an eine Stelle, an der die gelben Pfeile in zwei verschiedene Richtungen wiesen. Solche Weg-Alternativen gibt es immer wieder einmal, oft findet man im Wanderführer eine Erklärung dazu. Dort konnte ich dieses Mal keine finden. Zwei ältere spanische Pilger tauchten auf. Sie zeigten auf den rechten Weg und rannten weiter. Eine Weile habe versucht, mit den beiden Schritt zu halten. Sie waren für mich aber zu schnell und ich verlor sie bald aus den Augen. Die gelben Pfeile hörten auch bald ganz auf. Ich lief zwischen kargen Feldern, und sah mehr karge Felder bis zum Horizont. Schatten gab es dort nicht.

Irgendwann konnte ich endlich mein Etappenziel sehen, aber bis dahin war es noch weit. Ich war glücklich, als ich endlich den Rand von Fuente de Cantos erreichte und ich im Schatten der Häuser ins Städtchens gelaufen bin.

In einem Hotel mit günstigen Pilgerkonditionen – eine Pilgerherberge gibt es hier nicht – bekam ich gleich ein Zimmer. Es war wunderbar, endlich duschen zu können. Später, beim Spaziergang durch das Städtchen, habe ich Mike und Lukas wiedergetroffen. Bei einem Café con Leche habe wir ausgetauscht, wie es uns die letzten 2 Tagen ergangen ist. Die beiden und noch einige andere werde ich heute Abend beim Abendessen im Hotel wiedersehen.
Gestern habe ich beschrieben, was ich zum Wandern auf spanischen Jakobswegen mitgenommen habe. Ein paar wichtige Dinge habe ich dabei vergessen: Ein paar Teleskopstöcke, die beim Laufen meine Gelenke entlasten, ein Paar leichte, halbhohe, gut eingelaufene Wanderschuhe, und eine Schirmmütze zum Schutz vor der Sonne.
Zu guter Letzt: Ich habe noch einen dünnen, breiten, feinen Wollschal dabei – er wiegt 250 Gramm – den mir Uli geschenkt hat. In den wickele ich mich jede Nacht zum Schlafen ein. Er schützt mich und schenkt mir gute Träume. Danke, Uli!
[Mit Uli teile ich seit vielen Jahren mein Leben.]
Eine Antwort auf „15. März 2023 – Tag 9“
Das sind die besten Schals 🙂